Vergleich Skoda ENYAQ iV 80 mit Tesla Model Y – Part 1

Insights/ April 2, 2022/ Allgemein, Techzeug/ 8Kommentare

Beide Autos waren nach meinen bis zu einem gewissen Punkt zunächst nur theoretischen Recherchen (Vergleich der technischen Daten, Lesen zahlreicher Tests, Schauen zahlreicher Testvideos, Probefahrten) auf dem Papier die besten Fahrzeuge in der Klasse rein elektrisches, langstreckentaugliches Familienauto für große Menschen mit Hund und Gepäck.

 

Diese theoretische Recherche fand primär im Zeitraum August 2020 bis Mai 2021 statt und mag zum Zeitpunkt des Lesens dieses Blogs durch ein neues Modell von einer anderen Marke überholt worden sein. Stand April 2022 ist mir allerdings bisher kein solches über den Weg gelaufen. Zwar sind inzwischen u.a. der Mercedes EQS und der BMW iX mit nochmal mehr Reichweite erschienen, aber beide spielen in einer ganz anderen Preisklasse.

 

Als praktische Erfahrung sind über 9.000 km seit Anfang Mai mit dem ENYAQ (inkl. eines über 5.000 km langen Sommerurlaubs in Frankreich und Spanien) und über 2.000 km seit Ende November mit dem Tesla in meinen Vergleich eingeflossen.

 

Tesla punktet vorab mit der bekannten und bei Jugendlichen inzwischen sogar mit einer mit Porsche und Ferrari vergleichbaren Markenbekanntheit und dem Aufbau einer Ladeinfrastruktur in Europa mit Vorbildcharakter. Und damit meine ich nicht nur die Supercharger, sondern auch die zahlreichen Destination Charger, die dafür sorgen, dass nahezu alle Hotels (mindestens in Deutschland, Frankreich und Spanien) auf einer Reise inzwischen eine in der Regel sogar kostenlose Auflademöglichkeit zur Verfügung stellen.

 

Der ENYAQ hält dagegen die jahrzehntelange Erfahrung des VW Konzerns im Bau von alltagstauglichen und komfortablen Fahrzeugen und hat von allen deutschen Herstellern als erster konsequent auf ernsthafte und ausreichend große vollelektrische Autos gesetzt (Renault Zoe, BMW i3 und der E-Smart sind zwar nett als Cityflitzer, aber wurden von den Konzernen eigentlich nur in der experimentalen Exoten-Nische gefahren und waren definitiv eher Zweitwagen als familientauglicher Ersatz für das Erstauto). Aus irgendwelchen Gründen hat es dann Skoda geschafft trotz identischer MEB-Plattform dem gleichgroßen Konzernbruder VW ID.4 mit vielen Vorteilen im Detail klar den Rang abzulaufen. (Warum der ENYAQ in allen Punkten bis auf einen dem ID.4 überlegen ist, wäre noch einmal ein Fall für einen separaten Blogeintrag. Bei Interesse bitte kommentieren).

 

Im Folgenden treten also an:

1. Ein Tesla Model Y Long Range

  • in blau (Aufpreis)
  • mit weißem Interieur (Aufpreis)
  • und Standardbereifung mit 19 Zoll Gemini-Felgen (kein Aufpreis).
  • Die aufpreispflichtige Anhängerkupplung war lange Zeit nur ein Versprechen von Tesla, ist aber inzwischen wohl nachmontierbar.

2. Ein Skoda ENYAQ iV 80

  • Interieur & Sitze in der EcoSuite Ausstattung (d.h. in der Farbe Cognac)
  • 19 Zoll Regulus AERO-Leichtmetallfelgen
  • ausklappbare Anhängerkupplung
  • ansonsten mit nahezu vollständiger Ausstattung (d.h. alle Plus-Pakete) außer:
    • keine Klapptische & Schlafkopfstützen hinten (d.h. Family Basic statt Plus)
    • kein Crystal Face (d.h. Licht & Sicht Basic statt Plus – das war im Februar noch nicht bestellbar, ist aber ohnehin nur ein optisches Gimmick)
  • und kein Sportfahrwerk

Zum Zeitpunkt des Kaufes im November 2021 lag der Preis für die Konfiguration des Model Y bei 60.370 EUR, am 04.04.2022 lag er aufgrund eines höheren Aufpreises für die Farbe blau allerdings schon bei 61.370 EUR. Am Ende kam nach Abzug des zumindest im Februar 2021 damals noch möglichen ordentlichen Rabattes vom Skoda-Händler damit ein Preisunterschied zum ENYAQ von genau 10.100,04 € heraus. Zieht man dann jeweils noch die BAFA-Prämie ab, die man in 2021 erhalten konnte (und in 2022 weiterhin kann), so erhöht sich der Abstand zwischen den beiden E-Autos um weitere 1.000 EUR, da der Tesla aufgrund seines höheren Grundpreises dem Käufer nur 5.000 EUR Prämie beschert. Faktisch war das Model Y damit rund 11.000 EUR teurer als ein fast vollausgestatteter ENYAQ mit Anhängerkupplung.

Ich vermute aber einmal, dass mittlerweile ein ENYAQ iV 80 etwas teurer sein dürfte, weil die Händler es angesichts von Wartezeiten von über 1 1/2 Jahren nicht mehr nötig haben dürften, einen signifikanten Preisnachlass zu gewähren.
 

Ob sich der Aufpreis für das Model Y lohnt, muss sich mit der Zeit genauso zeigen, wie welche Nachteile mich nach Monaten der Nutzung stärker nerven und welche Vorteile mich langfristig mehr überzeugt haben.

Als Feedback wurde mir von einigen Lesern zwischenzeitlich mitgeteilt, dass ich noch darauf hinweisen solle, dass der ENYAQ iV 80 nur über einen Hinterradantrieb (RWD) verfügt, das Model Y LR hingegen über einen Allradantrieb (AWD).
Das ist natürlich richtig und rechtfertigt damit auch wieder einen Teil der Preisdifferenz zwischen den beiden Autos. Allerdings hatte ich zum damaligen Zeitpunkt keine Wahl (und daran hat sich bislang auch nicht wirklich viel geändert). Denn das Model Y ist als LR immer mit AWD ausgestattet, ebenso das seit kurzem verfügbare Model Y Performance (aus Grünheide). Und bis das Model Y als Standard Range auf dem deutschen Markt verfügbar sein wird (welches dann vermutlich analog zum Model 3 SR nur mit Hinterradantrieb ausgeliefert werden dürfte), hat man als Kunde schlichtweg keine Wahl. Umgekehrt ist zwar zwischenzeitlich der ENYAQ auch als 80x und RS bestellbar, die tatsächliche Verfügbarkeit sieht jedoch wegen diverser Produktionsprobleme bei VW bzw. Skoda nach einigen Aussagen (inkl. meines Händlers) alles andere als gut aus. Entweder werden Bestellungen im Moment (Anfang April 2022) gar nicht mehr angenommen oder die Lieferzeit wandert noch weiter nach hinten als für die RWD Varianten des ENYAQ. Aber in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Lesens dieses Blogbeitrags mag das vielleicht (hoffentlich) schon wieder ganz anders aussehen.


Ich möchte hier ausdrücklich noch anmerken, dass ich in keinster Weise voreingenommmen bin, auch wenn vermutlich die eine oder andere Bemerkung die Fans und die eine oder andere Bemerkung die Gegner von Tesla bzw. VW/Skoda ärgern wird. Aktuell habe ich selbst nach 5 Monaten Fahrpraxis mit dem Model Y und fast 1 Jahr mit dem ENYAQ (anders als meine Frau und meine Kinder) immer noch keinen persönlichen Favoriten ausmachen können.

 

Wenn also jemand nach Lesen eines Punktes meinen sollte „der ist doch voll parteiisch“, so würde ich empfehlen, trotzdem weiterzulesen. Denn das andere Auto wird spätestens ein paar Kategorien weiter unten genauso sein Fett weg bekommen. Wenn mir etwas nicht passt, sage ich das in klaren Worten, egal welche Marke es betrifft!

 

Und hier sind die beiden Prachtstücke zusammen zu sehen:

Aber genug der Vorworte, fangen wir doch am Besten direkt mit dem Vergleich der beiden Autos in über 20 Kategorien an. Da es am Ende recht viele Punkte geworden sind, werde ich diesen Vergleich auf mehrere Blogbeiträge verteilen, um es etwas übersichtlicher zu halten.

 

1. Platz im Innenraum

Beide Fahrzeuge sind sehr geräumig. Aber auch als 1,93 Meter großer Mensch habe ich jedoch ausreichend Platz im Fahrersitz, genügend Kopffreiheit und kann selber auf dem Rücksitz dahinter Platz nehmen ohne die Beine anziehen zu müssen. Im Model Y ist die Beinfreiheit hinten sogar einen Tacken größer, wobei ich noch einmal genau nachmessen müsste, um herauszufinden, ob das am größeren Innenraum liegt oder nur daran, dass man den Fahrersitz des Model Y nicht ganz so weit zurücksetzen kann wie im ENYAQ. In beiden Autos sitzt man aber in jedem Fall auch als großer Mensch selbst auf der Langstrecke sehr komfortabel.

2. Sitze

Hier punktet doch eher der ENYAQ mit zwei klaren Vorteilen:

  • die Kopfstützen für Fahrer und Beifahrer sind individuell anpassbar, während sie im Model Y fest verbaut und absolut steif sind und damit eher der Philosophie “one size fits all” folgen, egal wie groß oder geformt der Fahrer oder die Fahrerin auch sein mag. Dass man im ENYAQ im Paket “Sitzkomfort Plus” sich noch eine Rückenmassage einbauen lassen kann, ist für meinen Geschmack überflüssig, denn da fährt de facto nur die Lordosenstütze lustig im Kreis. Meiner Frau gefällt es allerdings und sie nutzt diese Funktion tatsächlich des öfteren. Leider braucht man das Paket aber auch, wenn man den Beifahrersitz elektrisch verstellbar haben möchte. Das sind dann 510.- EUR Aufpreis für ein (für mich albernes) Gimmick und einen Nutzen, den das (allerdings teurere) Model Y als Standard anbietet (dafür aber natürlich teurer ist, als selbst ein vollausgestatteter ENYAQ).
  • Die Sitze im Tesla haben bei unserer Probefahrt im September bei 27 Grad leider keinen guten Eindruck hinterlassen, weil sowohl meine Frau als auch ich beim Aussteigen nach der halbstündigen Probefahrt trotz Klimaanlage feststellten, dass wir an den Kunstledersitzen festklebten. Das war weder auf der Hin- noch auf der Rückfahrt im ENYAQ noch im spanischen Sommerurlaub bei bis zu 40 Grad jemals ein Thema gewesen. Aufgrund dessen habe ich auch noch nach der Probefahrt und Rücksprache mit anderen (u.a. Jens vom YouTube-Kanal Move Electric) die Sitzfarbe auf “weiß” geändert. Wie sehr uns das Thema im nächsten Sommer stören wird, werde ich erst in einigen Monaten herausfinden können. Aber das sieht aktuell nach einem der beiden potentiellen Dealkiller für das Model Y aus.
  • Im Gegenzug bietet das Model Y dafür den Insassen auf der Rückbank die Möglichkeit, die Sitzlehne in 2 Stufen etwas nach hinten zu kippen, was den Sitzkomfort auf der Langstrecke für die Hinterbänkler durchaus erhöhen kann. Allerdings sollen die Schlafkopfstützen des Family Plus-Paket im ENYAQ laut Nutzeraussagen bei Kindern ebenfalls sehr gut ankommen.


3. Kofferraumvolumen

Hier sind zwar beide Autos schon recht üppig ausgestattet. Denn hier schlägt bereits der ENYAQ die Konkurrenten VW ID.4, Hyundai IONIQ5 und Ford Mustang Mach-E mit 585 Litern im Alltag und 1.700 Litern bei umgeklappter Rückbank. Aber das Model Y legt noch einmal einen drauf mit 705 Litern im Alltag und 1.900 Litern bei umgeklappter Sitzreihe.

 

Eine Durchladeoption im Mittelsitz, z.B. um lange Skier durchladen zu können, bieten beide Autos. Im Tesla kann man zusätzlich noch im Camping-Modus und mit einer speziell dafür entwickelten Matratze sogar übernachten und dabei den Sternenhimmel durchs Glasdach anschauen. Der YouTuber Teslabjørn aus Norwegen hat es bei minus 26 Grad durchexerziert. Anderen Testern zufolge hält der Akku wohl locker 72 Stunden durch, ohne dass man frieren muss. Ob man das jemals nutzt und daher ein Entscheidungskriterium darstellt, muss am Ende jeder für sich selber entscheiden.

4. Frunk

Hier gibt es einen sogar noch eindeutigeren Sieg für Tesla.

Der ENYAQ hat schlichtweg keinen Frunk (wie auch seine MEB-Brüder ID.4, ID.3, Audi Q4 e-tron oder Seat Cupra Born). Im Model Y hingegen bieten sich hier weitere 117 Liter Stauraum an. Insbesondere für ein (z.B. nach einem Ladevorgang im Regen) nasses Ladekabel ein idealer Ablageort ohne dass man sich den Kofferraum zu verschmutzen muss. Warum VW oder zumindest Skoda im Sinne von “simply clever” hier nicht durch eine bessere Geräteanordnung wenigstens genug Platz für ein Typ 2-Ladekabel vorgesehen haben, erschließt sich mir nicht so ganz.

5. Reichweite

Je nach Quelle schafft der ENYAQ iV 80 hier dank seines 82 kWh großen Akkus bis zu 534 km laut WLTP-Testzyklus, das Model Y ebenfalls laut WLTP aufgrund des in meinem 2021 MiC verbauten etwas kleineren 77 kWh-Akkus von LG nur 507 km. Aktuell sind wohl mit dem inzwischen verbauten 82 kWh-Akku laut Website wieder 533 km Reichweite (bzw. mit den 19” Felgen laut Hinweis bei der Felgenauswahl sogar angeblich 565 WLTP-Kilometer) drin. In der Praxis sind diese Werte allerdings für beide Autos relativ unrealistisch. Je nach Temperatur und Durchschnittsgeschwindigkeit sind eher zwischen 300 und 400 km bei 100% vollem Akku drin. Völlig unmöglich ist es aber nicht, wie die folgenden Screenshots von den beiden Apps zeigen.

6. Fahrwerk
Hier kommen wir zu einem
großen Nachteil des Model Y. Das Fahrwerk des ENYAQ fühlt sich trotz der 2 Tonnen Fahrzeuggewicht durch die schwere Batterie sehr elegant und komfortabel an. Auch die Bereifung mit 20 Zoll Felgen an unserem ersten ENYAQ First Edition machte da keine merkbaren Unterschied. Irgendwelche Änderungen an den Einstellungen in den Fahrprofilen (Komfort oder Sport) führten allerdings auch nicht zu wirklich spürbaren Unterschieden.


Das
Model Y hingegen ist im Vergleich dazu nicht nur sehr straff und lässt einen Unebenheiten auf schlechten Straßen deutlich spüren, sondern wirkt leider auch insgesamt etwas laut und rumpelig (sicher verstärkt durch die bei uns noch fehlende Gepäckabdeckung im Kofferraum die mit dem Model 2022 inzwischen in einer Billigversion mitgeliefert wird). Das schlechte Fahrwerk ist übrigens nicht nur der persönliche Eindruck aller Familienmitglieder, sondern auch der von YouTubern (u.a. in diesem Video von Jens von Move Electric) und vielen anderen Model Y-Fahrern in zahlreichen Foren.

Hier hat Tesla m.E. mit den größten Nachholbedarf und sollte der Tesla am Ende gewinnen und auch das Model Y aus Grünheide hier nicht besser sein, so denke ich ernsthaft über ein Fahrwerkstuning mit einem KW-Fahrwerk V3 nach. Bisherige Erfahrungsberichte dieses Fahrwerks hörten sich (zumindest für das Model 3) schon einmal recht vielversprechend an. Der Spaß kostet allerdings rund 3.000 EUR und wird einem bei einem späteren Weiterverkauf vermutlich nur zu einem geringen Anteil vom Käufer bezahlt werden.

Das wichtigste Take-Away hierbei ist aus meiner Sicht: wem ein komfortables Fahrwerk für ein angenehmes Langstreckenerlebnis wichtig ist, sollte unbedingt vor dem Kauf das Model Y einmal probefahren.

7. Verbrauch

Auch hier sind beide Autos vergleichsweise effizient unterwegs und liegen im Gesamtvergleich aller E-Autos eigentlich immer auf den vorderen Plätzen. U.a. in Teslabjorns bekannter 1.000 km Challenge belegen sowohl der ENYAQ als auch das Model Y einen Platz ziemlich weit oben in seiner Excel-Tabelle.


Tesla zeigt eindrücklich, dass im Elektrobereich viele PS und eine krasse Beschleunigung anders als beim Verbrennermotor nicht automatisch einen dauerhaft höheren Verbrauch nach sich ziehen müssen. Im Gegenteil, fährt man das Model Y moderat, so gehört es im Verbrauch zur absoluten Spitzenklasse und Werte zwischen 14 und 20 kWh sind je nach Fahrstil und Strecke im Alltag absolut möglich. Ein cW-Wert von nur 0,23 und sehr viel Erfahrung mit hochperformanten Magnetmotoren leisten dazu auf jeden Fall ihren Beitrag.

 

Aber auch der ENYAQ punktet dank eines durchoptimierten cW-Wertes von 0,26 und schlägt die eigentlich alle vergleichbaren direkten Konkurrenten inkl. des ID.4 aus dem Feld. Werte zwischen 15 und 21 kWh sind je nach Fahrstil und Strecke im Alltag locker erreichbar.

8. Ladegeschwindigkeit
Nun kommen wir zu einem Punkt, der über lange Zeit die Domäne von Tesla war. Spitzenwerte von 250 kW die an den hauseigenen V3 Superchargern erreichbar waren, prägten das Bild und trugen zu einer Ladung auf 80% in nur 25 Minuten bei. Aber leider hat sich Tesla entschieden, für die Model Y aus Shanghai, die nach Europa geliefert werden, auf die 77 kWh-Akkus von LG zu setzen. Und diese laden deutlich langsamer und schaffen es nur noch in 38 Minuten auf 80% Ladung zu gelangen. Diesen Wert schafft allerdings auch der ENYAQ mit seinem sogar leicht größeren Akku, obwohl er nur mit maximal 125 kW laden kann. Hier zeigt sich einmal wieder, dass die Angabe von Spitzenwerten (das Model Y schafft mit 250 kW theoretisch im Peak doppelt so viel, wie der ENYAQ) in der Praxis weit weniger Relevanz hat als die Frage wie lange der Akku diesen hohen Wert durchhält. Und hier scheint das Model Y bei einem etwas höheren State of Charge (SoC) dann schneller einzubrechen, als die MEB-Plattform. Obendrein steht beim ENYAQ mit dem Software-Update auf die V3.0 nach bisherigen Aussagen seitens VW und einigen YouTube-Tests sogar eine Reduzierung der Ladedauer auf nur 29 Minuten für die Erreichung der 80% Marke an. D.h. hier zieht nach bisherigem Stand der VW-Konzern zumindest mit seinem 82 kWh-Akku theoretisch dann sogar an Tesla vorbei.


D
as kann allerdings auch wieder ganz schnell kippen, sollten aus Grünheide noch dieses Jahr die ersten Model Y mit den neuen und deutlich leistungsfähigeren 4680er Akkus rollen.


Da VW bzw. Skoda die V3.0 jetzt zudem (Stand März 2022) auf das 2. Halbjahr verschoben haben (und das dann im Prinzip auch Weihnachten bedeuten kann, denn sonst hätten sie ja Q3 als Wert nennen können) und einige Forumsteilnehmer schon scherzten, dass VW auch kein Jahr dazu genannt hätte, möchte ich diese angekündigte Optimierung jedoch erstmal aus dem Vergleich heraushalten. Mein Vertrauen in die Software-Fähigkeiten von VW hat leider inzwischen sehr stark gelitten, auch aufgrund der Unzuverlässigkeit der App (siehe den entsprechend Punkt weiter unten). Umgekehrt hat Tesla selbst für mein Model Y mit 75 kWh Akku mit einem Softwareupdate zwischenzeitlich die Ladegeschwindigkeit um ca. 10% erhöht. Auch wenn der ENYAQ mit der V3.0 theoretisch dann wieder 4 Minuten schneller laden könnte, ist der Punkt für mich erstmal nach so vielen Terminverschiebungen und einem schwammigen Zielwert von 2. Halbjahr leider nur noch klassische Vaporware. Wer sich jetzt einen ENYAQ bestellt wird natürlich die V3.0 direkt mitgeliefert bekommen, aufgrund der Produktionsprobleme im ganzen VW-Konzern wegen fehlender Chips und Kabelbäume allerdings wohl auch eher in einer ferneren Zukunft.

 

Ich wäre auch nicht überrascht, wenn am Ende Tesla tatsächlich die neuen 4680er Batterien schneller serienmäßig in alle neuen Model Y aus Gründheide montiert bekäme als VW ihre (eigentlich schon fertige) V3.0 den aktuellen MEB-Auto-Besitzern (und damit uns ENYAQ-Fahrern) mit einem Nachrüstungstermin tatsächlich anbieten kann.

9. Ladenetzwerk
Bislang hatte hier Tesla dank des Supercharger-Netzwerks fraglos die Nase vorn. Eine Dichte, die völlig ausreicht, um unabhängig von anderen Ladesäulen-Anbietern bequem durch ganz Europa zu fahren, war das eine. Eine hohe Ladeleistung (an V3 Superchargern bis zu 250 kW) das andere. Auch die Zuverlässigkeit der “Stalls” ist inzwischen fast schon legendär, insbesondere im Vergleich zur Unzuverlässigkeit anderer Anbieter (ganz vorne Allego, aber nach meinen Erfahrungen in Frankreich leider auch IONITY. Wirklich jede zweite IONITY-Ladesäule in Frankreich war defekt und lud entweder gar nicht oder nur mit 31 kW statt der theoretisch möglichen 300 kW. An einem IONITY-Platz waren sogar mal alle vier Ladesäulen defekt und am nächsten 50km weiter die Autobahn entlang funktionierten dann zwar alle vier Säulen, waren dafür aber auch ausnahmslos belegt.)


Aber inzwischen haben EnBW, ARAL und andere in Deutschland und IONITY sogar europaweit ihr Hypercharger-Netz ausgebaut und bieten (von IONITY im Ausland einmal abgesehen) oft eine vergleichbare Qualität an. Allerdings hat ein Tesla-Supercharger in der Regel mindestens 8 Ladesäulen, meist sogar mehr und IONITY oder ARAL oft nur 4 oder weniger Stalls. D.h. sollte einmal eine Ladesäule ausfallen, findet man bei Tesla in der Regel problemlos daneben eine freie funktionierende Ladesäule. Das kann man von der Konkurrenz leider nicht behaupten, denn die zweite Ladesäule kann dann durchaus belegt sein und man muss entweder warten oder weiterfahren.

 

Wie auch immer, einfach nur einstecken und die Abrechnung automatisch dem Tesla-Konto überlassen, wäre für uns Europäer anscheinend zu einfach. Und so haben wir einen bunten Flickenteppich an Ladesäulen-Anbietern und Ladekarten und mal mehr und mal weniger unübersichtlichen Tarifen. Der YouTube-Kanal Nextmove spricht hier immer wieder gerne vom Lade-Dschungel.


Zwar gibt es seit kurzem Auto Charge von EnBW und Plug & Charge von IONITY. Aber diese Ladestandards unterstützt der
ENYAQ schlichtweg nicht (da wären wir wieder beim Thema VW und Software). Das Model Y hingegen hat mit Auto Charge überhaupt kein Problem und dass es mit IONITY, also dem Lade-Verbund von VW, BMW, Mercedes, Hyundai & Co nicht perfekt harmoniert, kann man Tesla wiederum nicht wirklich vorwerfen. In jedem Fall ist man als ENYAQ-Nutzer gezwungen, sich mit dem Thema Lade-Dschungel zu beschäftigen.

Am Ende ist es allerdings nicht ganz so schlimm, denn der beim ENYAQ beiliegende Powerpass ist eine erstaunlich runde Sache und sorgt im grundgebührfreien ersten Jahr für sensationell niedrige Strompreise (IONITY 30 ct, AC 29 ct, DC 39 ct pro kWh, in manchen Ländern wie Frankreich sogar deutlich weniger) und wurde auf unserer Reise durch Spanien und Frankreich von den allermeisten Ladestationen akzeptiert. Das war schon recht überraschend und sehr angenehm. Hier muss ich Skoda bzw. VW und die Tochter Elli wirklich sehr loben.
Aber auch die nicht seltenen Autorisierungsprobleme von Ladesäulen im Allgemeinen können schonmal für eine Ablehnung einer Ladekarte sorgen und allein schon deswegen sollte man sich noch eine zweite Ladekarte (z.B. die EnBW-Ladekarte – idealerweise in der ADAC-Edition) und zur Sicherheit noch eine dritte grundgebührfreie Karte von einem europaweiten Anbieter wie z.B. Shell Recharge oder Plugsurfing ins Auto legen, auch wenn die letzteren beiden nicht gerade durch niedrige Preise glänzen. Aber diese Karten habe ich nicht nur im
ENYAQ, sondern als Backupkarten auch in meinem Tesla liegen. Vielleicht liegt das leckere Restaurant ja mal nicht neben einem Supercharger, sondern in der Nähe einer anderen Ladesäule? Was die Zuverlässigkeit angeht hat Tesla unter dem Strich nach wie vor die Nase weit vorn. In Frankreich waren wie gesagt ziemlich genau die Hälfte der IONITY-Ladesäulen defekt. Das passiert einem als Teslafahrer deutlich seltener, u.a. aufgrund der höheren Anzahl an Ladesäulen pro Tesla Supercharger Spot.


Allerdings hat
Tesla bereits angekündigt, die Supercharger Infrastruktur auch für andere Autos öffnen zu wollen (Die Ladestandorte in den Niederlanden, Frankreich und Norwegen sind inzwischen bereits offen) und auch wenn dies eine tolle Geste von Tesla ist, die der Verbreitung der Elektromobilität auf jeden Fall hilft, so entfällt damit aber ein klarer USP für das Model Y.

Das soll es für heute erst einmal gewesen sein. Ich danke für die Aufmerksamkeit und hoffe, bereits einen ersten hilfreichen Eindruck der Vor- und Nachteile beider Fahrzeuge vermittelt zu haben.

 

In Kürze geht es dann weiter mit dem Vergleich ENYAQ vs. Model Y – Part 2 und Punkt 10. Navigation und Routenplanung. Auch hier gibt es einige Überraschungen.

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8 Kommentare

  1. Can you please write the difference between the Enyaq and id4?

    Thanks a lot

  2. „Warum der ENYAQ in allen Punkten bis auf einen dem ID.4 überlegen ist, wäre noch einmal ein Fall für einen separaten Blogeintrag. Bei Interesse bitte kommentieren“

    Daran wäre ich in der Tat interessiert 🙂
    Danke.

    BTW: Geiler Beitrag, vielen Dank!

  3. Vielen Dank für diesen – meiner Meinung nach – wirklich neutralen Beitrag.
    Ich bin selber Tesla-Fahrer (Model S), der sich aktuell zwischen einem Model Y LR und einem Enyaq iV80 / ID.4 / ID.5 entscheiden muss.
    Ich freue mich schon jetzt auf die weiteren Beiträge, einschließlich dem Vergleich zwischen dem MEB-Modellen.

  4. Pingback: Vergleich Skoda ENYAQ iV 80 mit Tesla Model Y – Part 2 – Insights & Learnings

  5. Euer Wunsch war mir Befehl. Hier findet Ihr meinen Vergleich des ENYAQ mit dem ID.4:

    https://www.insights-and-learnings.com/de/2022/06/16/vergleich-id-4-skoda-enyaq-iv-80/

  6. Pingback: Vergleich ID.4 & Skoda ENYAQ iV 80 – Insights & Learnings

  7. Pingback: Lieferdatum-Chaos in der Tesla App – Insights & Learnings

  8. Pingback: Das ENYAQ Update auf die V3.0 (ME3) #vwundsoftware – Insights & Learnings

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